Außergewöhnlich für unsere Fahrt im Juli 2025 war der Besuch des Regionalkrankenhauses in Mykolaiv. Es ging dabei um die medizinischen Geräte, die Pickup4Ukraine durch die Förderung der Czuzak Foundation (USA) und mit Unterstützung unserer kyiver Partnerorganisation „Ukraine’s Frontline Hospitals“ für das Krankenhaus erwerben konnte.
Bereits Ende 2024 bekamen wir von Karen Widess die Nachricht, dass die neu gegründete Familienstiftung Czuzak Foundation Projekte in der Ukraine sucht, um Kriegsopfern zu helfen. Czuzak wollte satzungsbedingt nur zivile Zwecke unterstützen. Wichtig war auch, dass die Hilfe unmittelbar den Begünstigten zukommt.
Durch unsere Zusammenarbeit mit Mariia Zivert, wussten wir, dass ihre neu gegründete Organisation „Ukraine’s Frontline Hospitals“ (UFH) die richtige Partnerin ist. Wir schlugen die Zusammenarbeit vor, konnten mit Czuzak eine Vereinbarung über die Förderung schließen und erhielten auf dieser Basis rund USD 24.000 für den Kauf medizinischer Geräte für die Augenklinik des Regionalkrankenhauses Mykolaiv.
Mariia und Anya von UFH klärten die Anforderungen der Klinik und suchten Angebote. Ihr Ansatz war, in der Ukraine zuverlässige Gebrauchtgeräte zu finden. Dadurch würde man deutlicher günstiger einkaufen und auch die Zollproblematik vermeiden. Die Komplikation: Da Pickup4Ukraine Käufer war, mussten Lieferanten gefunden werden, die Zahlungen in Euro aus Deutschland empfangen können. Schließlich gelang es Anya von UFH mit erheblichem zeitlichen Einsatz, geeignete, vertrauenswürdige und lieferbereite Anbieter zu finden.
Während der Vorbereitungen für unsere Lieferung von Fahrzeugen im Juli schlug Mariia vor, dass wir gemeinsam das Krankenhaus besuchen, nicht nur um die erfolgreiche Inbetriebnahme der Geräte zu bestätigen sondern auch um die Ärzte und ihre Arbeit kennenzulernen.
Nachdem unsere große Gruppe am 11. Juli mit unserer Kolonne von acht Fahrzeugen angekommen war (siehe Bericht) und am 12. Juli die Fahrzeuge übergeben und die Fracht entladen worden war, nahmen Annette und Michael den Nachtzug nach Mykolaiv.

Mariia, die bereits mit vollgepacktem Auto vorgefahren war, holte uns morgens um 5.30 am Bahnhof in Mykolaiv ab
Wir besuchten den Hauptkomplex des Regionalen Krankenhauses Mykolaiv, wo wir den Leiter der Chirurgie, Dr. Dmytro Bachynskyi trafen.

Er zeigte uns zunächst an der Außenwand des Krankenhauses Schäden in der Fassade, die von einer russischen Splitterbombe herrührten. Sie hatten auch sein Auto getroffen. Er selbst war nicht verletzt worden. Direkt daneben befand sich der Bereich der Entbindungsstation.
Anschließend gab er uns einen Überblick über die umfangreichen Operationen des Krankenhauses und führte uns in die Abteilung für Neurochirurgie. Interessant war, dass das Krankenhaus vor 2022 keine Neurochirurgie-Abteilung hatte und diese von Grund auf neu aufgebaut hatte, einschließlich der Umschulung von Chirurgen aus anderen Bereichen, um diese Operationen aufgrund der großen Nachfrage durchzuführen.
Dr. Bachynskyi erklärte, dass Mykolaiv einen großen Teil der Last des Regionalen Krankenhauses Kherson übernommen hatte, da es sehr häufigen Angriffen ausgesetzt war und für viele Arten von Behandlungen nicht mehr sicher war. Er beschrieb, wie sie nach großen Angriffen oder auch wenn viele Verwundete gleichzeitig aufgenommen werden müssen, bereits in der Notaufnahme triagieren. Anschließend nahm er uns mit zu einer laufenden Operation an einem Patienten mit einer schweren Wirbelsäulenverletzung. Ein Chirurg erklärte, dass das, was wir sahen, die erste Phase zur Stabilisierung der Wirbelsäule war. Anschließend sollte die Mikrochirurgie zur Dekompression der Spinalnerven mit dem neu erworbenen Mikroskop durchgeführt werden, das von Czuzak finanziert wurde. Das Mikroskop ermöglicht, dass zwei Chirurgen gleichzeitig hindurch auf die Operationsstelle schauen können, während sie zusammen an dem Patienten arbeiten.
Nachdem wir die Führung durch das Hauptkrankenhaus abgeschlossen hatten, fuhren wir zum Zentrum für Augenheilkunde und Augenchirurgie, das früher eine separate Klinik war, aber jetzt eine Abteilung des Regionalkrankenhauses ist. Dr. Bachynskyi begleitete uns und stellte uns der Augenchirurgin Dr. Yulia Bachynska, vor—seiner Frau! Dr. Bachynska zeigte uns das Zentrum, einschließlich der Mikrochirurgie, wo wir den neu gelieferten Autoklaven sahen, der ebenfalls durch Czuzak finanziert wurde. Dieses Gerät dient zur Sterilisierung des Operationsbestecks dort. Dr. Bachynska erklärte, dass der Autoklav, jetzt der dritte in ihrer Abteilung, eine wichtige Ergänzung darstellte, da die große Anzahl der durchgeführten Operationen eine entsprechend große Anzahl von sterilisierten Instrumenten erfordert. Diese wertvollen Geräte werden stark genutzt und verschleißen schneller, so dass die Möglichkeit, die Sterilisation auf mehrere Geräte zu verteilen, für ihre Arbeit unerlässlich ist.
Dr. Bachynska brachte uns dann in die diagnostische Abteilung, wo sie uns den von Czuzak finanzierten ophthalmologischen Pirop Ultraschallscanner zeigte. Sie erklärte, dass das Ultraschallgerät von elementarer Bedeutung sei, um Verletzungen zu beurteilen, wenn die Augen der Patienten nicht eingesehen werden können, z.B. durch Blutungen.
Annette und Michael waren tief beeindruckt von den Ärzten und der Arbeit, die sie unter schwierigen Umständen leisten. Wir konnten bestätigen, dass die vertraglich vereinbarte Ausrüstung geliefert wurde und die Anforderungen der Ärzte erfüllte. Schließlich zeigte uns Dr. Bachynska uns noch den Abgang in den Keller des Gebäudes: Ein Treppenhaus mit dem typischen Hinweisschild auf den Schutzraum im Untergrund. Hier im Krankenhaus führte allerdings ein spezieller Treppenlift die Wand entlang, mit dem Patienten, die nicht selbst schnell genug in den Schutzraum fliehen können, notfalls liegend hinunter in Sicherheit gebracht werden können. Weiter oben im Treppenhaus hingen Zeichnungen, die Kinder, vielleicht Patienten, der Klinik zum Dank übergeben hatten.
Auf dem Rückweg fuhren wir mit Mariia in ihrem Auto die lange Strecke zurück nach Kyiv. Der lokale Energydrink heißt “Volya” (=Freiheit). Wir bewunderten unterwegs die außergewöhnliche Landschaft nördlich von Mykolaiv: große landwirtschaftliche Flächen, mit Getreide und Sonnenblumen bis zum Horizont, flache langgestreckte Hecken gegen die Erosion, und plötzlich unvermittelt ein tiefliegender See mit Badestelle und Seilbahn, oder auch Felsen und dahinter ein tief liegender türkis schimmernder Canyon. Am Ufer unten ein Campingplatz, Badende im Fluss, Boote auf dem Wasser, ein kleines grünes Paradies, um dem nächtlichen Horror der russischen Luftangriffe vorübergehend zu entkommen. Außerdem gab es ein etwas surreales Gestell mit Metallflügeln, vor dem man sich fotografieren lassen konnte. Wir kannten es vom Profilbild einer ukrainischen Geflüchteten hier in Deutschland. Wir fotografierten einander und schickten ihr die Aufnahmen.
Spät abends kamen wir wieder in Kyiv an.


















