Vorbereitung
Dieser Transport war der bisher größte, mit 8 Fahrzeugen. Im Vorfeld der Fahrt hatten wir alle Hände voll zu tun mit seiner Vorbereitung: Es fing mit dem ersten Mitsubishi L200 an, den Dani und Dave noch im Dezember in Heidelberg kaufen konnten, während Michael und Annette auf dem Transport 14 in Kyiv waren und aus der Ferne mitwirkten. Über die Zeit folgten viele Spenden, die uns ermöglichten, dass Andreas zwei Fahrzeuge (einen Nissan Navara und einen VW T5) im Raum Köln/Bonn beschaffen konnte, ein weiterer L200 kam aus dem Kraichgau dazu, ein alter aber gewünschter VW T4 aus Frankfurt und weitere drei VW T5 Transporter aus Karlsruhe, Brühl und Hemsbach, teils mit Sitzen, teils ohne, aber alle mit Allradantrieb. Mit finanzieller Unterstützung durch Lawyers Move konnte der letzte VW T5 (als zweites Evakuierungsfahrzeug) direkt am Samstag vor der Abfahrt noch gekauft werden. Die freundlichen Verkäufer gewährten uns einen Rabatt für die gute Sache und lieferten ihn uns persönlich am Sonntagmorgen aus.
Viel chirurgisches Verbrauchsmaterial wurde im Begegnungshaus in Walldorf zusammen mit Kati sortiert, verpackt und in die VW Transporter geladen. Und eine unfassbar große Menge an Heizkerzen (Grabenkerzen) waren von den fleißigen Ukrainern und Ukrainerinnen in Walldorf hergestellt und verpackt worden. Sie gingen auch mit und gaben mit ihrem hohen Gewicht den beladenen VW Transportern eine gute Straßenlage. Auch mehrere Kisten mit Schokolade und Nüssen, u.a. von Chören aus Knielingen, Eggenstein und Neuburg gespendet, konnten noch untergebracht werden.
Die Lukas Werthenbach berichtete nach unserer Rückkehr in der Rhein-Neckar-Zeitung über die Belade-Aktion und später über die Auslieferung in die Ukraine.

Bei allen Fahrzeugen prüften wir diesmal den Reifenzustand besonders aufmerksam und beschafften noch mehrere Sätze Winterreifen wegen der zu erwartenden schlechten Witterung. Ein paar Autos hatten nach der Probefahrt plötzlich unklare Störungen, die wir nur teilweise beheben (lassen) konnten. Wir überarbeiteten die Zuteilung der Fahrzeuge auf die Fahrer, in Abhängigkeit von ihrer Erfahrung.
Es gelang uns glücklicherweise die notwendigen sechzehn Fahrer zu finden, die bereit waren, beim Transport mitzufahren. 16 Fahrer und ein Hund, den wir alle ins Herz schlossen. Mehrere Vorbereitungscalls gaben denjenigen, die zum ersten Mal mitfuhren, Orientierung. Wir danken an dieser Stelle: Christian, Dani, Dave, Dietmar, Frank, Georg, Johannes, Nils, Olaf, Olena, Rainer, Stefan, Stephan und Tetyana.
Donnerstag, 23. Januar 2025
Am Donnerstag brachen wir an verschiedenen Orten im Rhein-Neckar-Gebiet in aller Frühe auf und sammelten uns kurz vor fünf Uhr – wie gehabt – an einer Raststätte an der A6. Wir hatten zwei Fahrzeuge als möglicherweise unzuverlässig eingestuft und setzten sie mit Annette und Michael vorne auf Platz 1 und 2 im Konvoi. Es kam ganz anders. Der L200 von Dave und Dani erlitt – noch vor Nürnberg – einen Motorschaden und musste ausscheiden. Stephan Wlotzka kümmerte sich dankenswerterweise um das Abschleppen und meldete sich später aus einer Werkstatt mit der Diagnose “gebrochene Nockenwelle”. Wir sind sehr froh, dass Dave und Dani dabei nichts passiert ist. Dave und Dani fuhren mit uns im Konvoi weiter und Stephan fuhr im Laufe des Tages nach Hause zurück.
Die Fahrt ging ansonsten unspektakulär weiter, Michael’s Auto brauchte ein paar Mal Hilfe beim Starten, aber Michael hatte einen Starthilfeakku dabei. Wir kamen auch gut durch Polen, und der erste Tag endete, wie immer, in Radymno. Rainer hatte bis abends einen Freund organisiert, der in der Lage war, zwei Tage später mit seinem zugkräftigen SUV den kaputten L200 auf dem Anhänger von Heinz abzuholen. Einen kurzen Schreckmoment gab es noch, als ein Fahrzeug an der Tankstelle in Radymno plötzlich zu und verriegelt war, und der Schlüssel steckte noch im Zündschloss. Kein Zweitschlüssel, aber ein freundlicher polnischer Schlüsseldienst konnte helfen.
Ein gemeinsames Abendessen im urigen Restaurant des Dwór Kresowy rundete den Tag ab.

Bei der Zollanmeldung wurden Michael und Annette zunächst um 22:30 von der Agentur nur sechs von sieben notwendigen Dokumenten übergeben, mit dem Hinweis, in ca. einer Stunde käme ein Zöllner und müsse eins der Autos samt Inhalt noch prüfen. Annette stand dann um 23:30 wieder an der Agentur. Auf die polnisch-ukrainisch zusammengestoppelte Frage: “De Tselnik?” kam ein Achselzucken und der Hinweis, man solle noch fünf Minuten warten. Nach fünf Minuten war immer noch kein Zöllner weit und breit zu sehen. Dann war klar: Hey, hier ist das 7. Dokument, der Zöllner kommt doch nicht, und auch Annette konnte schlafen gehen. Nach 20 Stunden auf den Füßen war das auch echt nötig.
Freitag, 24. Januar 2025
Am zweiten Tag trafen wir uns morgens zum Frühstück und konnten nochmal ein gemeinsames Foto draußen vor den versammelten Fahrzeugen machen.

Dann teilte sich die Gruppe in die Heimkehrer, die den Zug zurück nach Krakau nahmen, und diejenigen, die mit den Fahrzeugen in Richtung Grenze aufbrachen. Wir versuchten, den Konvoi in einem Rutsch abfertigen zu lassen, aber die polnischen Grenzer erklärten, es können maximal vier Fahrzeuge auf einmal in die Anlagen einfahren. So waren wir “halbiert”. Im Endeffekt lief die Abfertigung auf beiden Seiten der Grenzanlagen aber gut und problemlos, erneut in Rekordzeit. Wir hatten jeweils über Handy Kontakt und die vorausfahrenden konnten den nachfolgenden Fahrern erklären, was zu beachten war.
Dieses Mal hatten wir die Weiterfahrt nach Kyiv wieder auf zwei Tage verteilt, machten aber nicht in Lviv Station, sondern peilten Rivne an, auf halber Strecke. Um zu verhindern, dass der Konvoi im Lemberger Stadtverkehr auseinandergerissen würde, verständigten wir uns auf eine in Google Maps angezeigte Alternativroute im Norden von Lviv. Es begann auf einer gut ausgebauten Landstraße, an dem See entlang, an dem wir auch bei der zweiten Fahrt, mit Miss Sonja, dem Mercedes Bus, in umgekehrter Richtung unterwegs gewesen war. Während des Fahrens fiel das GPS aus, die Richtungsangabe auf Google Maps drehte sich lustig im Kreis. Gut, wenn man sich den Routenverlauf vorher eingeprägt hat. Die Landschaft, die Dörfer durch die wir fuhren, alles sehr malerisch. Frische Luft. Aus der Landstraße wurde dann eine Dorfdurchfahrt und schließlich eine unbefestigte, mit Schlaglöchern übersäte Piste. Alle Fahrer blieben wacker am Steuer und eierten in Schrittgeschwindigkeit um die Löcher herum. Vorwärts immer. Irgendwann führte die Piste steil einen Hügel hoch, endete oben abrupt am Waldrand und wurde durch einen einspurigen Waldweg steil bergab abgelöst. Wir hielten kurz an. Umkehren war keine Option, also ließen wir uns auf das Wagnis ein. Alle Fahrzeuge bogen nacheinander in den Wald ein, zum Glück kam uns niemand entgegen, und nach kurzer Strecke bergab (offensichtlich eine echte Abkürzung) waren wir wieder auf einer asphaltierten Straße. Dort blieben wir, auch als Google Maps uns wieder zum links Abbiegen auf eine Nebenstraße aufforderte. Kurz danach waren wir an einer Tankstelle und konnten Diesel und Kaffee nachfüllen und die Scheiben der Autos reinigen.
Anschließend fuhren wir auf der E40 weiter Richtung Osten. Auf den bisherigen Fahrten haben wir immer eine Festung auf einem Hügelchen in der Nähe der Route liegen sehen. Da wir an der Grenze so wenig Zeit gebraucht hatten, wollten wir sie jetzt aus der Nähe anschauen. Wir hatten Glück und durften uns einer Führung ins Festungsinnere anschließen.
https://maps.app.goo.gl/bXWXspRkJ1TMVgp49 – Prädikat: sehenswert.
Nachdem wir erklärt hatten, warum wir in der Ukraine mit so vielen Fahrzeugen unterwegs sind, bekamen wir kostenlose VIP Tickets. Wir kamen mit einigen der Frauen ins Gespräch, die die Führung gebucht hatten. Sie stammten aus Dnipro und waren zur Erholung in den Westen der Ukraine gereist, um insbesondere dort Festungen zu besichtigen. Sie waren sehr erfreut darüber, dass 3 Fahrzeuge in ihrer Heimatstadt Dnipro übergeben werden sollten, und dankten uns und den Spendern für die Unterstützung.
Abends hatte Michael für uns 8 Zimmer in einem Hotel in Rivne gebucht. Als wir ankamen wurde uns erklärt, die Räume seien leider an eine „andere Gruppe Amerikaner“ vergeben worden. Michael und Olena konnten mit einer Menge Geduld und Verhandlungsgeschick erreichen, dass eine Vertreterin der „anderen amerikanischen Gruppe“, wohl einer behördlichen, zur Rezeption kam. Dann ließ sich das Hotel auf einen Zimmertausch ein, und wir bekamen die acht Zimmer der anderen Gruppe. Leider erfuhren wir von der Frau nicht, mit welcher Aufgabe sie in die Ukraine gekommen war. Sie war super-professionell-höflich, aber wollte gar nicht mit uns sprechen… Die Nacht war ruhig.
Samstag, 25. Januar 2025
Am Samstag fuhren wir sehr gut ausgeruht nach Kyiv. Wir hatten viel vor.
In Erwartung des Großstadtverkehrs teilten wir den Konvoi in lauter Zweiergruppen, jeweils geleitet von einem erfahrenen Fahrer. Wir kamen vollständig am Hub an und sortierten zunächst die Krankenhausmaterialien mit Mariia. Anschließend teilten wir uns auf. Mariia, Olaf, Dietmar, Annette und Nils fuhren zu Nova Poshta, um bereits einige Säcke und Kisten voll Material loszuschicken. Dani, Dave, Michael, und ein Freund von Mariia fuhren zu Sviatoslav, um dort den VW T4 zum Umlackieren abzugeben. Sviatoslav ist eigentlich Künstler und arbeitet am Theater. Die Armee unterstützt er, indem er Fahrzeuge in Tarnfarben umlackiert, unser VW ist sein Fahrzeug Nr. 354.

Als wir uns am Hub wieder trafen gab es Flugalarm. Wir sahen Laserscheinwerfer den Himmel nach Flugobjekten absuchen. Nach wenigen Minuten gab es schon wieder Entwarnung.
Anschließend trafen wir uns alle bei Mariia und aßen den von ihr zubereiteten leckeren Borschtsch. Sie hatte weitere Mitglieder ihrer neugegründeten Charity “UFH – Ukraine Frontline Hospitals” eingeladen.
Darunter war eine junge Frau, Anja, die aus dem Osten der Ukraine geflohen ist. Ihr Bruder ist nach Belgien geflohen, ihre Mutter lebt jetzt in Russland. Sie erklärte: “Meine Mutter und ich, wir telefonieren ab und zu. Man muss ja mit seiner Mutter mal telefonieren. Aber wir sprechen nicht über Politik.” Der Krieg reißt diese Familie auseinander, und das konnte man ihr ansehen und anhören. Eine andere junge Frau, Anastasia, sagte, eine Lebensplanung über die nächsten 5 Jahre macht keinen Sinn, wenn man nicht weiß, was der nächste Tag bringt.
Mariia erzählte von dem kürzlich passierten morgendlichen Angriff auf Kyiv, bei dem eine Metrostation in der Nähe von Mariia’s Wohnung getroffen wurde. Ihr Freund wollte an dem Tag eigentlich morgens mit der Metro fahren, um einen Termin wahrzunehmen. Er entschloss sich jedoch im Bett zu bleiben und den Termin abzusagen. Er wollte – trotz Mariia’s Ermahnung – ausschlafen. Just in dem Moment, in dem er die Metro dort hätte nehmen müssen, passierte der Angriff. Er wäre eigentlich an der U-Bahn-Station gewesen, als die Rakete einschlug. Mariia konnte an dieser Stelle für einen Moment auch nicht weitererzählen.
Abends trafen wir Nadia, Ruslan und seine Freundin zum Pizza Essen in Ruslans Wohnung. Nadia brachte Olaf zum Bahnhof. Die Nacht war zum Glück ruhig.
Sonntag, 26. Januar 2025
Am Sonntagmorgen ging es schon wieder in aller Frühe los. Wir fuhren zum Hub, holten drei Autos und fuhren mit vier Fahrzeugen zum Hauptbahnhof Kyiv. Dort trafen wir Serhiy aus der Einheit, die uns die Leute aus dem Hotel in Lviv vermittelt hatten, und übergaben ihm einen VW T5. Er war überglücklich und fuhr damit direkt in den Süden nach Odessa zurück, wo sie gerade “arbeiten”.
Dietmar, Dani und Dave blieben in Kyiv. Nils, Michael und Annette machten sich mit zwei Pickups und einem VW Transporter auf den Weg nach Dnipro. Dani und Dave hatten viel zu tun: Zunächst brachten sie zusammen mit Ruslan zwei VW Transporter zu der Werkstatt, die den Umbau in Evakuierungsfahrzeuge vornimmt.Die Leute in der Werkstatt nahmen sich ein bisschen Zeit und führten sie in der Werkstatt herum. Sie waren gerade dabei, bei einem gespendeten Krankenwagen aus Österreich die Fenster herauszuschneiden und durch Aluminiumplatten zu ersetzen. Den Umbau eines Mazda Pickup Trucks aus UK hatten sie gerade fertiggestellt . Dieses Video von Lawyers Move gibt einen Eindruck über die Umbauarbeiten zu Casevacs.
Ruslan zeigte ihnen noch einige Vororte, die Michael und Annette im Mai 2023 mit Serhiy besucht hatten, u.a. Butscha. Anschließend holten Dani und Dave zusammen mit Mariia den umlackierten VW Transporter wieder ab.

Bei der Fahrt durch Kyiv erzählte Mariia viel über die Gegend, und wie es Anfang 2022 war, als die russische Invasion nur wenige Kilometer vor Kyiv gestoppt wurde.
Die Fahrt von Michael, Nils und Annette nach Dnipro war unproblematisch. Wir fuhren wieder nach Osten, Richtung Poltawa, hielten kurz bei der Raststätte “U Sester” und bogen dann – Google Maps folgend – nach Süden auf eine, ja, wir hatten es geahnt, Dorfstraße. Wir hielten nach ein paar hundert Metern an, checkten und verglichen die Routenplanung in verschiedenen Navigations-Apps, und fuhren der übereinstimmenden Empfehlung folgend weiter. Zum Glück sahen wir nach wenigen Kilometern linkerhand die eigentliche Überlandroute, bogen entgegen der Navi-Anweisung auf eine betonierte Feldstraße und kamen auf die Hauptstrecke zurück. Sie war streckenweise noch im Bau, aber insgesamt allemal besser als Dorfstraßen.

Wir trafen in Dnipro das Lehrer-Ehepaar wieder, denen wir im August 2023 in Kharkiv einen mit grüner Zaunfarbe umlackierten Pickup (genannt “Frosch”) übergeben hatten. Olena und Volodymyr haben sich freiwillig zur Territorialen Verteidigung gemeldet, als der Krieg begann. Olena wollte ihren Ehemann nicht alleine ziehen lassen. Olena hat inzwischen eine Sanitäter Ausbildung abgeschlossen, und wir konnten ihr letztes Jahr viel spenden-finanziertes Material schicken, so z.B. einen Rettungsrucksack, Nachfüllmaterial und im Herbst dann Kartons mit Beuteln voller Infusionsflüssigkeit, die dazu verwendet werden kurzfristig hohen Blutverlust auszugleichen. Ihre Kinder leben bei den Großeltern. Olena erklärte uns ihre Motivation: “Wenn wir Eltern jetzt nicht kämpfen, müssen es unsere Kinder später tun.” Mit dem Pickup, den sie jetzt bekommen, werden sie unter anderem auch Verwundete direkt von der Frontlinie evakuieren. Ohne Pickup müssten die Verletzten sonst vier bis acht km von ihren Kameraden getragen werden. Volodymyr erzählte, dass er mit “Frosch” in Frontnähe schon – Drohnenangriffen ausweichend – mit 170 km/h querfeldein gefahren sei. Dieser Pickup ist noch im Einsatz, hatte aber schon viele Reparaturen. Nun hat ihre Einheit einen zweiten. Olena überreichte uns eine ukrainische Fahne mit dem Emblem ihrer Einheit. Sie hatte sie außerdem mit traditioneller Malerei verziert. Olena erklärte, dass sie das Malen entspannt und von ihren Erfahrungen im Sanitäter-Alltag ablenkt.
Außerdem trafen wir Vertreter der Einheit “Iron Bulls”, denen wir auch im Oktober 2024 ein Fahrzeug übergeben konnten. Sie waren in Eile, also Schlüsselübergabe, schnelles Foto, kurze Einweisung, fertig. Zurück an die Arbeit.
Wir hatten noch eine weitere Übergabe, die ein bisschen länger dauerte als erwartet. Als wir in Dnipro ankamen, meldete sich unser Kontakt von der 93. Brigade mit der Nachricht, er habe Einsatzbefehl bekommen und könne nicht mehr selbst kommen. Sein Stellvertreter sei auf dem Weg. Wir tranken Kaffee und aßen einen Hotdog, bis Serhiy (ein weiterer!) kam.
Serhiy ist Stabsoffizier, ursprünglich aus Sievierodonetsk im Donbas, das heute durch Russland besetzt ist. Serhiy ist mit seiner Ehefrau nach Dnipro übergesiedelt. Beide arbeiteten vor dem Krieg bei der Polizei—er lange Jahre bei der Kriminalpolizei, dann bei der Verkehrspolizei; sie bei der Aufklärung von Wirtschaftsdelikten. Serhiy drückte seine Dankbarkeit für den neuen Pickup aus. Ohne Kleinfahrzeuge wäre es unmöglich, die Armee zu versorgen. Er berichtete, größere Militärfahrzeuge wie Tanker könnten nicht näher als 50 km an die Frontlinie fahren, da sie von Aufklärungsdrohnen schnell erfasst und als hochwertige Ziele sofort angegriffen würden. Dagegen seien kleinere, unauffällige Fahrzeuge viel sicherer. Er erzählte, ein anderer Kleintransporter hätte in den letzten zwei Jahren 20 Tonnen Treibstoff transportiert. Eine große Anzahl Kleintransporte versorge die Soldaten mit allem: Treibstoff, Essen, Munition, und Transport von Menschen.

Serhiy brachte uns abends an den Bahnhof. Wir schlossen unser Gepäck im Bahnhof ein und saßen dann noch einen Moment in einem Café. Als wir zum Bahnhof zurück kehrten, gab es Luftalarm. Wir warteten eine Weile im Raum mit den Schließfächern, wo extra zusätzliche Bierbänke aufgestellt worden waren. Der Zug fuhr dann pünktlich los. Liegewagen, über Nacht fahren, ist einfach angenehm. In aller Frühe waren wir am Montagmorgen zurück in Kyiv.
Montag, 26. Januar 2025
Montags konnten Nils, Michael und Annette flink bei Dani und Dave im Hotelzimmer duschen. Danach Frühstück. Anschließend kümmerten sich Michael und Dave um den umlackierten T4, dessen Batterie über Nacht den Geist aufgegeben hatte. Dani, Nils und Annette hatten Zeit, ein wenig durch Kyiv zu laufen. Mittags trafen wir Nadia zum Essen, und Michael konnte ihr die Dokumente übergeben. Nachmittags hatten wir Zeit, die St. Sophien Kathedrale zu besichtigen.
Abends trafen wir SAP-Kollegen zum Essen. Elena Busha hatte alle benachrichtigt und das Restaurant organisiert. Ihor Zhaloba, der im Februar in Heilbronn und Wiesloch Vorträge halten wird, schaute kurz vorbei. Später kam Mariia, um die Dokumente und Schlüssel für den umlackierten VW T5 abzuholen. Sie berichtete, dass ihr Tag völlig chaotisch verlaufen sei. Trump hatte an dem Morgen die Finanzierung von USAID für 90 Tage ersatzlos eingestellt, “um Prüfungen durchzuführen”. Das bewirkte, dass internationale Helfer, mit denen Mariia zusammenarbeitet, jetzt plötzlich kein Einkommen mehr hatten und abrupt zur Rückkehr in ihre jeweiligen Länder aufgefordert worden waren. Mariia’s Helfer beschlossen, entgegen den Vorgaben die Projekte in Kyiv zu Ende zu führen. Mariia nahm daher kurzerhand zwei jetzt obdachlose Volunteers in ihrer Wohnung auf… Inzwischen haben die aus europäischen Mitteln finanzierten Helfer eine Wohnung anmieten können, in der auch die mit amerikanischen Mitteln arbeitenden Helfer nun aufgenommen werden konnten.
Die SAP-Kollegen überreichten uns besondere Geschenke: Für große Spender sollten wir Flugzeugmodelle mitnehmen. Mit 3D Druckern, die sonst für die Initiative “Druk Armia” andere Dinge herstellten, hatten sie F-16s und SU-27s “gedruckt” und anschließend mit traditionellen Blütenmustern bemalt. Wunderschön und zugleich bitter, wenn man weiß, dass gerade durch den fehlenden Einsatz von Kampfflugzeugen entlang der Front so viele Menschen in Grabenkämpfen ums Leben kommen.

Die für Montag geplante Übergabe des umlackierten Fahrzeugs hatte nicht mehr geklappt. Die Vertreter der empfangenden Armee-Einheit “verspäteten” sich um einen Tag, denn sie hatten noch dringende Arbeiten.
Unser Nachtzug nach Polen fuhr auf die Minute pünktlich in Kyiv ab. Er war überraschenderweise nicht voll besetzt.
Die Grenzabfertigung auf beiden Seiten war dementsprechend flink. Auch der Rückflug von Krakau war pünktlich, Nils nahm den Zug nach Heidelberg, und Adrian brachte Michael, Annette, Dani und Dave nach Hause. Vielen Dank an Adrian!
Es war ein vollgepackter, ereignisreicher und intensiver Transport. Unser größter bisher.
DANKE für die eindrucksvolle Berichterstattung .
Es tut wohl , wenigstens als Spender für ” Pickup4Ukraine ”
an den starken und unbeirrbaren
“HORIZONTALEN NETZWERKEN IN DER UKRAINE ” im Kleinen mitwirken zu können .
Idee und Engagement des Vereins sind großartig .
Dank an ♥ Johannes …
Liebe Frau Fekete, vielen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und für Ihr Interesse an unserer Arbeit! Wir tun das aus Überzeugung und werden der Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen die russische Aggression weiterhin helfen. Gerade die “horizontale Organisation” wurde auch von Prof. Ihor Zhaloba in seinem Vortrag beschrieben. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die ukrainische Gesellschaft selbst organisiert und die staatlichen Strukturen ergänzt. Nur so ist die Verteidigung effizient. Wir bleiben dran! Liebe Grüße, AE